Zeitungsbericht »Neue Vorwürfe gegen Heckler & Koch«
in Südwest Presse vom 04.02.2014



Neue Vorwürfe gegen Heckler & Koch

Autor: PETRA WALHEIM

Oberndorf: Heckler & Koch soll Baupläne für das Sturmgewehr G36 nach Mexiko geliefert haben. Das haben die Recherchen zu einer ARD-Dokumentation ergeben. Dafür soll die Waffenfirma 1,2 Millionen Euro erhalten haben.

[Foto G36] Heckler & Koch macht mit dem Sturmgewehr G 36 gute Geschäfte. Die Firma soll aber auch die Technologie illegal nach Mexiko verkauft haben. Foto: Getty Images

Seit 2010 ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen die Waffenfirma Heckler & Koch (HK), die in Oberndorf (Kreis Rottweil) sitzt. Sie soll illegal mehrere tausend Waffen in mexikanische Provinzen geliefert haben, die wegen anhaltender Drogenkriege und Verstößen gegen die Menschenrechte nicht hätten beliefert werden dürfen. Doch nicht nur Waffen sollen in mexikanischen Gebieten aufgetaucht sein. Bei Recherchen für die ARD-Dokumentation »Waffen für die Welt - Exporte außer Kontrolle« ist der Autor Daniel Harrich darauf gestoßen, dass Heckler & Koch möglicherweise nicht nur Waffen illegal nach Mexiko geliefert hat, sondern auch die Baupläne für das Sturmgewehr G36, mit dem auch die Bundeswehr ausgerüstet ist.

Jedenfalls ist Harrich in Mexiko auf ein Gewehr gestoßen, das große Ähnlichkeit mit dem G36 hat und dort die Bezeichnung FX05 trägt. »Die Optik ist sehr ähnlich«, sagt auch Jürgen Grässlin, Rüstungsgegner und Buchautor aus Freiburg. Er kämpft seit Jahrzehnten gegen Waffenfirmen und Rüstungsexporte und ist meist sehr gut informiert. Er ist überzeugt davon, dass es einen Technologietransfer von Heckler & Koch nach Mexiko gegeben hat. Das Gewehr FX05 habe nur mit dem Know-how von Heckler & Koch gebaut werden können und nur mit Hilfe von Ingenieuren von HK.

Er sieht einen Zusammenhang mit einer missglückten Lizenzvergabe für den Bau des G36 an Mexiko. Aus ihm nicht bekannten Gründen sei die Lizenz nicht vergeben worden. Die Mexikaner hätten aber schon umgerechnet 1,2 Millionen Euro an HK bezahlt. Das belegt ein Dokument aus dem mexikanischen Verteidigungsministerium, das der ARD exklusiv vorliegt. Grässlin will die Vorwürfe geklärt haben und kündigt an, bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart Strafanzeige gegen Heckler & Koch zu stellen wegen des Verdachts des illegalen Technologietransfers und der illegalen Nutzung einer Lizenz, die offiziell nicht vergeben worden ist. Er war es auch, der die Ermittlungen wegen des Verdachts von illegalen Waffenlieferungen nach Mexiko in Gang gebracht hat. Grässlin hatte im April 2010 Anzeige gegen HK erstattet. Die Firma hat inzwischen einen Arbeitsgerichtsprozess verloren. Es hatte zwei Mitarbeitern gekündigt, weil sie in den Verdacht gerieten, an den illegalen Waffenlieferungen beteiligt gewesen zu sein. Das Gericht hat die Kündigungen jedoch als nicht rechtmäßig erkannt.

Die neuen Vorwürfe gegen HK seien bislang nicht Gegenstand von Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart, sagt deren Sprecherin Claudia Krauth. Doch auch das Bundeswirtschaftsministerium will die Vorwürfe von der Staatsanwaltschaft geklärt haben. Die Ausfuhr von Technologie für Rüstungsgüter sei immer genehmigungspflichtig, auch im Rahmen eines Lizenzvertrags, sagt ein Sprecher des Ministeriums. Die Bundesregierung habe die Ausfuhr von Technologie für das G36 nach Mexiko nicht genehmigt, so der Sprecher. Es sei deshalb Sache der Staatsanwaltschaft zu prüfen, ob es dennoch zu einer nicht genehmigten Ausfuhr solcher Technologie gekommen sei.

Heckler & Koch lässt über seine Presseagentur mitteilen, es habe eine externe Rechtsanwaltskanzlei mit der Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts beauftragt.

http://www.swp.de/ulm/nachrichten/suedwestumschau/Neue-Vorwuerfe-gegen-Heckler-Koch;art4319,2432811